AStA-Film: Moderne Zeiten; Charles Chaplin


In der Reihe: Filmklassiker – die besten Filme aller Zeiten

Filme von Charles Chaplin

Wiederaufführung

 MODERNE ZEITEN

 Ein Film von Charles Chaplin, USA 1936

10 Jahre nach Einführung des Tonfilms probte Charles Chaplin für Moderne Zeiten erstmals Dialoge – und gab die Idee wieder auf. Der Tramp blieb stumm und hatte seinen letzten Leinwandauftritt. Die Welt hatte sich seit dem ersten Auftauchen des Tramps grundlegend verändert. „Zu jener Zeit teilte und verkörperte er das Leiden der Unterprivilegierten in einer Welt, die sich gerade aus dem 19. Jahrhundert lös-te“, schreibt der Chaplin-Forscher David Robinson. „In Moderne Zeiten steht der Tramp ganz anderen Herausforderungen gegenüber: In den Nachwehen der Wirt-schaftskrise trafen Massenarbeitslosigkeit und die massive Automatisierung in der Industrie zusammen.“ Mit diesem filmischen Meisterwerk schuf Chaplin den letzten Stummfilm.

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Donnerstag  2. Mai  19.30 Uhr  Hörsaal A1

Hörsaalgebäude der Universität, Albertus-Magnus-Platz   Eintritt: 2 € / für Erstsemester frei

MODERNE ZEITEN

 

USA 1936; Regie und Drehbuch: Charles Chaplin; Kamera: Roland Totheroh und Ira Morgan; Ausstat-tung: Charles D. Hall und Russell Spencer; Musik: Charles Chaplin; Darsteller/innen: Charles Chaplin, Paulette Goddard, Henry Bergmann, Tiny Sandford, Chester Conklin, Hank Mann, Juana Sutton, Myra McKinney u. a.

Moderne Zeiten entstand 1932 – 1935. Kein ande-rer Hollywood-Film dieser Zeit wagte es, die Kon-sequenzen kapitalistischer Anarchie derart anzu-greifen. Es sind die Zeiten von Arbeitslosigkeit, Streik und Aussperrung; von Produktionsmaxi-mierung, Rationalisierung und Automatisierung; von Drogen- und Wohnungsproblemen. Chaplin berichtet von einem Gespräch, das er mit einem jungen Reporter geführt hatte. „Er erzählte mir vom Fließbandsystem, das in Detroit in den Fabri-ken angewendet wurde. Es war eine erschütternde Geschichte, wie die Großindustrie gesunde junge Männer aus der Landwirtschaft abwarb, die nach vier oder fünf Jahren am Fließband geistig und körperlich zusammenbrachen. Dieses Gespräch gab mir die Idee für Modern Times.“ Bei der Uraufführung warf man Chaplin vor, dass er noch nie so bitter und aufrührerisch  gewesen sei; und man versuchte, die Gesellschaftskritik des Films auf eine Kritik an der Maschine zu reduzieren.

„Die Kraft von Chaplins Erzählungen liegt darin, uns die gesellschaftliche Gewalt vor Augen zu führen. Die Gewalt des Lebens. Die wirkliche Ge-walt. Man erkennt sie daran, wie Menschen von Obdach und Nahrung ausgeschlossen sind. Das ist ganz offensichtlich heute noch so aktuell wie da-mals. Eine Arbeit haben oder nicht. In Armut leben oder nicht. Ausgeschlossen sein, ein Paria sein oder nicht. Als Einzelner, als Mensch Teil eines Mechanismus werden, ein kreisendes Ob-jekt, ein Teilchen in einem System.“ Luc und Jean-Pierre Dardenne

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Für den  Film waren Geräuschaufnahmen geplant, menschliche Stimmen sollten im Film jeweils durch technische Apparaturen wie Grammophon oder Sprechanlage gefiltert werden. Sprache wird nur von den Herrschenden benutzt, und sie wird ausschließlich durch solche technischen Medien wie die Fernsehüberwachungskamera der Fabrik vermittelt. Die Unterdrückten bleiben in diesem Film noch stumm. Und der Tramp bleibt, wie er immer war: unendlich beredsam in seiner Stumm-heit – ein letzter Triumph der Pantomime.

Der Tramp „ist und bleibt ein Vagabund, der sich irgendwie durchschlägt. Aber er bleibt nicht allei-ne, und das ist das Gute.“ Er findet ein Mädchen. „Das Leben geht wieder los. (…) Sie sagt: ‚Lass uns gehen.’ Sie stehen auf und gehen los. Und sie gehen zusammen aus dem Film! Es ist das erste Mal, dass so etwas in einem Film von Chaplin passiert. Sie gehen zusammen weg, wie zwei Va-gabunden. Ihr Zuhause ist das Varieté, die Bühne, das Kino…“ Luc und Jean-Pierre Dardenne

Mit bald achtzig Jahren gehört Moderne Zeiten immer noch zu den aktuellen Filmen, und er hat den aktuellen Filmen voraus, dass er gute Aus-sichten hat, auch in weiteren achtzig Jahren immer noch ein Film von morgen zu sein.


30. April 2013